Wie ich mir mein Leben zurückgeholt habe


Viele junge Menschen zwischen Mitte 20 und Mitte 30 kündigen ihren Job, ohne einen konkreten Plan zu haben. Unsere Autorin stand ebenfalls vor dieser Entscheidung. 
 
Ich habe nach fünf Jahren meinen Job bei einem großen Verlag gekündigt, ohne genau zu wissen, was als Nächstes kommt. Ich bin 33 Jahre, hatte eine gute Arbeit, einen sicheren, unbefristeten, abwechslungsreichen Job. Eine außenstehende Person kann das genau so sehen und ich habe es auch geschafft, mir jahrelang einzureden, dass diese Arbeit richtig ist. Trotzdem hat mir immer irgendetwas gefehlt. Wie bin ich hier gelandet?

Persönlich habe ich mich immer sehr stark über meinen Job definiert. Die Arbeit sollte meine Person aufwerten. Es war mir wichtig, einen angesehenen Beruf auszuüben. Als Redakteurin schien ich diese Berufung gefunden zu haben– und auch die Rückmeldungen aus meinem Umfeld waren immer positiv: Die Arbeit in einer Redaktion ist sehr dynamisch, dabei trifft man viele Menschen, lernt neues und die Themen mit denen man sich beschäftigt sind auch noch sinnvoll. 
 
Das sollte das Leben sein?
 
Das Gefühl, dass mir etwas fehlte, konnte ich lange Zeit unterdrücken. Eigentlich stimmte schließlich alles. Bis selbst ich meinen Tiefpunkt nicht mehr leugnen konnte. Ich fühlte mich antriebslos, hatte Schwierigkeiten morgens aufzustehen und der Gedanke, festzustecken, wurde immer deutlicher. Ich hatte gelernt, meine Probleme selbstständig zu bewältigen, lösungsorientiert an Herausforderungen heranzugehen. Und genau das tat ich: fünf Persönlichkeitstests später und mit einem Stapel Ratgeberbücher auf dem Nachttisch fühlte ich mich aber immer noch orientierungslos. Der Punkt, mir Hilfe zu suchen, war erreicht. Ich entschied mich für ein Coaching.

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An einen Impuls erinnere ich mich noch besonders gut: „Was macht dir Spaß im Alltag?“ Diese scheinbar banale Frage löste in mir sehr viel aus. Ich konnte sie nämlich gar nicht so einfach beantworten. Was ist denn Spaß? Habe ich Zeit für Spaß? Ich lernte, meinen Zeit wieder an Aktivitäten auszurichten, Menschen zu treffen, Sportarten zu wählen, einfach nur weil sie mir Freude bereiten. Zum ersten Mal in meinem Leben beschäftigte ich mich mit meinen Interessen und tiefsten Werten. Ich lernte mich neu kennen; mein Innerstes, das lange unter vielen Schichten eigener Erwartungen und denen anderer Menschen verborgen lag. Plötzlich drehte sich mein Leben nicht mehr nur um den einen Job. Ich hatte wieder Energie, neues zu lernen.

Ich entfachte ein neues Feuer in mir. In einer Weiterbildung entdeckte ich neue Stärken und Talente. Während Arbeit sich bis dahin für mich immer anstrengend angefühlt hat, hatte ich etwas gefunden, das mir leichtfiel. Der Leichtigkeit nachgehen – konnte ich mir das Erlauben?
 
Wir haben verlernt, auf unser Gefühl zu hören
 
In einer Welt, in der wir Nachrichten in nur wenigen Sekunden konsumieren und uns ständig neue Bilder und Videos erreichen, ist Langsamkeit ein rares Gut. Alles soll schnell gehen. Wer sehr beschäftigt ist erfährt Anerkennung. All diese Prägungen müssen wir entlernen – oder zumindest erkennen.

Wir stoppen viel zu selten und hören einfach nur hin. Die eigene Stimme ist viel schlauer als jedes Buch und jeder Podcast, die mir Coaches und andere Ratgeberseiten empfohlen haben. Ich habe gelernt, mein Bauchgefühl zu deuten. Yoga und Meditation haben mich dabei begleitet – für dich ist es vielleicht ein Sport, Musik oder eine andere kreative Tätigkeit.
 
Kontrolle abgeben – Kontrolle gewinnen
 
Nun hatte ich viel an mir gearbeitet, doch schon bald hatte mich der Alltag rund um den Job wieder im Griff. Ich war zurück im Auto-Pilot. Das Leben zog an mir vorbei wie bei einem Unfall, wenn sich plötzlich alles in Slow Motion abspielt. Ich hatte mir nach und nach die Kontrolle über mein Leben zurückgeholt, mich zurück ans Steuer gesetzt – wie war ich schon wieder in einer Sackgasse gelandet?
 
Ich war mir sicher: Da muss mehr sein! Und mit dieser Erkenntnis war der nächste Schritt völlig klar. Ich musste radikal in meinem Leben aufräumen und damit Platz für Neues schaffen. Wie soll sich mein Weg fügen, wenn ich immer alles durchgeplant habe? Ich niemals stoppe, sodass sich neue Chancen einfach ergeben können? Die Kündigung hatte ich schnell geschrieben.
 
Jetzt blicke ich auf eine Zeit, in der ich zum ersten Mal nicht genau sagen kann, was passieren wird. Es werden mir finanzielle Herausforderungen begegnen und ganz sicher auch Momente des Zweifelns. Gleichzeitig kann ich vertrauen. Und jetzt schon haben sich neue Türen geöffnet; Chancen, die ich so gar nicht im Blick hatte. 
 
Die schönsten Momente für mich waren die Reaktionen aus meinem Umfeld. Indem ich gelernt hatte, mich so zu zeigen, wie ich bin, meine tiefsten Wünsche zu teilen, öffneten sich Personen mir gegenüber, die zuvor eher distanziert waren. So, als würden wir uns erst jetzt, in diesem Moment starker Ehrlichkeit, richtig sehen. Für mich hat es sich also jetzt schon gelohnt, auf das Sicherheitsnetz und den doppelten Boden zu verzichten. Diese Erfahrung hat mich vieles gelehrt: Wir können nicht alles rational erklären und es ist richtig, auf das eigene Gefühl zu hören. Mut wird belohnt. 
 

Höhen und Tiefen – das Leben, so wie unser Herzschlag, ist keine gerade Linie. Wichtig ist, dass wir lernen, auf uns zu achten. Fühlt sich etwas merkwürdig kann, hilft es immer darüber zu reden. Bin ich burnout-gefährdet? Sind meine Regelschmerzen noch normal? Weshalb habe ich ständig Kopfschmerzen? Im Podcast „Ist das noch gesund?“ der Die Techniker spricht Dr. Yael Adler darüber, wie Körper und Seele im Gleichgewicht bleiben. Dabei beantwortet sie auch alle Fragen, die wir uns sonst nicht trauen zu stellen. Hier reinhören!


#howitworks?

Klar, wir alle fragen uns manchmal, wie das alles nur funktionieren soll. Deswegen gibt es die Kampagne #howitworks, präsentiert von Die Techniker. Neben einem Content Hub gibt es auch die Thementage – einen Tag lang wird sich intensiv einem Thema gewidmet. Und natürlich ist auch hier das Thema Quarterlife-Krise vertreten. Die Panel-Diskussion könnt ihr euch hier anschauen: „Lost? So findest du in der Quarterlife-Crisis Orientierung“.

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