Quarterlife Crisis

Weshalb wir die Quarterlife Crisis endlich ernst nehmen müssen

Der Start ins Berufsleben –  plötzlich stehen wir auf eigenen Beinen. Das kann Angst machen. In „Quarterlife Crisis“ hat Max Osswald seine persönliche Krise festgehalten.

Habe ich den richtigen Weg eingeschlagen? Ist mein Job sinnvoll? Wie kann ich etwas bewirken? Die Suche nach Antworten auf diese Fragen ist herausfordernd und kann den Suchende nicht selten in eine Krise führen. Diese Krise, die viele vor ihrem 30. Geburtstag erleben, hat einen Namen: Quarterlife Crisis. Max Osswald (29) hat einen Weg heraus gefunden. Wie? Das teilt er in seinem gleichnamigen Gedichtband mit uns.

Lieber Max, für dein erstes Buch hast du den Namen „Quarterlife Crisis“ gewählt. Wirst du seit der Veröffentlichung häufiger auf das Thema angesprochen?

Max Osswald: Die Veröffentlichung war ja 2018, so wirklich darauf angesprochen wurde ich aber erst innerhalb des vergangenen Jahres. Vielleicht, weil man sich dem Thema mittlerweile mehr geöffnet hat. Es gibt immer noch viele die kichern, wenn die Rede von der „Quarterlife Crisis“ ist. Sie kennen nur die „Midlife Crisis“ und denken, die „Quarterlife Crisis“ sei ein Witz. Oder sie tun diese Krise als Luxusproblem privilegierter Akademiker:innen ab. Dabei betrifft diese Krise viele Menschen.

Wie erklärst du dir das?

Osswald: Wir haben heute viele Freiheiten. Das öffnet viele Wege, stellt uns aber auch vor viele Entscheidungen. Sowas wie „vorgeschriebene Lebenswege“ gibt es bei uns heute nur noch sehr selten, besonders was den Beruf betrifft. Gleichzeitig stellen wir, die jungen Generationen, größere Anforderungen an unsere Arbeit: Wir wollen nicht nur Geld verdienen, sondern Sinn erfahren.

Weshalb ist es wichtig, dieser Krise einen Namen zu geben?

Osswald: Damit man weiß, worüber man redet. Indem wir die „Quarterlife Crisis“ als das benennen, was sie nun mal ist, können wir sie besser verstehen. Außerdem wird es so einfacher, sich mit dem Konzept zu identifizieren. Mir ging es zum Beispiel so: Ich bin nur zufällig über den Begriff gestolpert, aber habe mich darin wiedergefunden. Plötzlich hatten meine Probleme einen Namen. Das hat mir geholfen, mit meiner Krise umzugehen.

Wie hat sich die Krise bei dir gezeigt?

Osswald: Mich hat eine Frage schon sehr lange begleitet, nämlich, was ich beruflich machen möchte. Das beschäftigte mich schon, bevor ich überhaupt meinen Schulabschluss hatte. Ich hatte das Gefühl, in nichts schlecht, aber auch in nichts richtig gut zu sein, mich irgendwie für alles und für nichts zu interessieren. Die ganzen Berufsorientierungstests haben auch nur bedingt geholfen. Das hat mich lange verunsichert. Ich hatte dann zuerst die Idee, Mathe und Sport auf Lehramt zu studieren. Angefangen habe ich mit Jura und anderthalb Semester durchgehalten. Dann habe ich mich für BWL eingeschrieben. Das hat mir ab der Hälfte des Studiums zwar auch immer weniger Spaß gemacht, aber ich habe es dann doch durchgezogen. Zu Beginn des Studiums war ich 21 – da hatten manche aus meinem Jahrgang schon ihren Bachelor.

Das richtige Studienfach oder generell einen beruflichen Plan zu finden, stellt viele vor eine große Herausforderung. Was würdest du deinem jüngeren Selbst aus heutiger Perspektive raten?

Osswald: Mach das, was dich interessiert. Lass dich nicht von Kriterien wie Sicherheit, Karriereperspektiven, von deinem Bauchgefühl abbringen. Einen reinen Brotjob findest du immer irgendwie.

Woran merke ich denn, dass ich das gefunden habe, was mich wirklich interessiert?

Osswald: Du suchst keine Alternativen. Du vergisst die Zeit. Die Leidenschaft ist größer als das Pflichtgefühl. Es gibt keinen Job, der perfekt ist und an dem dir jeder einzelne Aspekt supergut gefällt, und das ist völlig okay. Ich liebe meinen Beruf als Autor und Comedian, aber ich kann mir auch Schöneres vorstellen, als sechs Stunden im Zug zu sitzen. Aber damit kann ich leben.

Wann hattest du das Gefühl, die Krise überwunden zu haben?

Osswald: Für mich war klar, ich habe es aus der Krise geschafft, als ich mir einfach keine Sorgen mehr gemacht habe. Ich habe ganz viele verschiedene Dinge ausprobiert, vom FSJ im Kindergarten über Wirtschaftsprüfung bis hin zu Film und Fernsehen. Diese vielen Erfahrungen haben mir die Hoffnung gegeben, dass irgendwas schon klappen wird. Meine Gedanken und Gefühle habe ich damals in Gedichten und kurzen Texten festgehalten. Rückblickend war das vielleicht eine Art Bewältigungsstrategie. Dass ein Buch dabei entsteht, war gar nicht geplant. Wenn ich heute die Texte lese, merke ich, wie sehr ich mich verändert habe. Der Max von 2022 ist ein anderer als der von 2018.

Wer in einer Krise steckt, fragt sich häufig, ob es jemals aufhört. Wie findet man doch wieder raus?

Osswald: Mir hat es sehr geholfen, mit Freund:innen darüber zu sprechen. Indem ich meine Gedanken formuliert habe, sind mir viele Dinge erst richtig klar geworden. Aber ich würde da auch nach der Schwere unterscheiden: Orientierungslosigkeit ist das eine, Depressionen sind das andere. Es ist völlig normal und okay, sich professionelle Hilfe zu holen. Das zeugt von Stärke, nicht von Schwäche. Ansonsten hilft gegen Orientierungslosigkeit meiner Meinung nach: Probiere dich aus, lass dir Zeit und hab keine Angst – es gibt keine Sackgassen, du kannst jederzeit umdrehen. Denk daran: Auch diese Krise geht vorbei.

Lieber Max, danke für das Gespräch!

 

 

Studium, Job, Sport – wenn alles zu viel wird

Egal, ob du gerade dein Abi in der Tasche hast oder schon den Studienabschluss feierst – es ist normal, sich zu fragen, ob man den richtigen Weg eingeschlagen hat. Beim digitalen Thementag am 10. Mai von Die Techniker mit ZEIT Campus möchten wir dir Wege zeigen, wie du mit deiner Quarterlife-Crisis umgehen kannst. Die Gäste sind Diana zur Löwen, Unternehmerin und Influencerin, Max Osswald, Autor und Comedian, und Bahar Yilmaz, Autorin und Gründerin der New Spirit Academy. Zur Anmeldung. Und viele weitere Tipps gibt es hier: #howitworks.

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